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Blockhalden im nördlichen Schwarzwald als Lebensraum für den Blockhalden-Stachelwolf

Blockhalden sind extreme Lebensräume, die meist seit der letzten Eiszeit waldfrei sind und ein ganz besonderes Kleinklima aufweisen. Sie sind besonders interessant, weil sie zu den wenigen Lebensräumen gehören, die vom Mensch nicht genutzt und verändert wurden. Blockhalden finden sich außerhalb der Alpen in allen Mittelgebirgen. Auch im nördlichen Schwarzwald stellen sie neben den Hochmoor- und Grindenflächen besonders schützenswerte Biotope (Rote Liste der gefährdeten Biotoptypen Deutschlands: 2-3) dar, die allerdings noch wenig untersucht wurden. Selbst ihre Genese – unter periglazialen Bedingungen in den Kaltzeiten des Pleistozäns (bis vor 12.000 Jahren) in Gebieten, die nicht vergletschert waren, oder durch bereits viel früher einsetzende chemische Verwitterung – ist durchaus nicht völlig unumstritten.

Seit 2016 untersuchen Wissenschaftler des Nationalparks und des Naturkundemuseums die Kleintierfauna (Arthropoden) verschiedener Blockhalden im Nordschwarzwald.

Für Arachnologen (Spinnenforscher) sind Blockhalden spannende Lebensräume. Sie kennen einige Arten, die in Deutschland ausschließlich in Blockhalden vorkommen und entsprechend selten sind. Herausragendes Beispiel ist die Blockhalden-Stachelwolfspinne Acantholycosa norvegica sudetica (L. Koch).

Die Stammart Acantholycosa norvegica norvegica kommt nur in Nordeuropa und bis nach Ostsibirien oberhalb der Baumgrenze auf Felsblöcken vor. Bei der Unterart Acantholycosa norvegica sudetica handelt es sich vermutlich um Reliktpopulationen aus der letzten Eiszeit, die heute ausschließlich in Mitteleuropa, vom Riesengebirge im Osten bis zu den Nordalpen und dem Schweizer Jura im Westen. Bekannte Vorkommen sind im Fichtelgebirge und im Harz.

In der Roten Liste gefährdeter Tiere Deutschlands ist die Art für Bayern und Niedersachsen als stark gefährdet (Kategorie 2) eingestuft. In Baden-Württemberg wird sie als extrem selten (Kategorie R)  betrachtet. Für die isolierten Populationen der Blockhalden-Stachelwolfspinne ist Deutschland nach den Kriterien des Bundesamtes für Naturschutz in hohem Maß verantwortlich.

Mit einer Körperlänge von 7 bis 10 mm gehört die Blockhalden-Stachelwolfspinne zu den großen Vertretern der Wolfspinnen und der einheimischen Spinnen überhaupt. Die Art lebt wohl ausschließlich in Blockhalden, wo sie die oft stark sonnenbeschienene Gesteinsoberflächen tagsüber zum Jagen und Sonnen nutzen, das Lückensystem überwiegend zum Verstecken. Die Spinnen sind durch ihre typische schwarz-weiß-braune Zeichnung und die geringelten Beine auf den z.T. mit Flechten oder Moosen bedeckten Blöcken besonders gut getarnt. Bei Störung flüchten sie blitzschnell auf die Rückseite oder Unterseite der Steine. Viel mehr ist aber bisher über ihre Biologie und Ökologie nicht bekannt.

Im Rahmen einer Masterarbeit haben Laura Kastner (Universität Hohenheim) und Hubert Höfer (SMNK) von Mai bis Oktober 2017 13 Blockhalden im nördlichen Schwarzwald mit Bodenfallen untersucht. Die gezielt ausgewählten Halden unterscheiden sich in zahlreichen Merkmalen, die für das Vorkommen von Acantholycosa Bedeutung haben könnten. Sie liegen auf Höhen von 640 bis 1050 m ü. NN. Vom Gestein her sind Buntsandstein- und Granit-Blöcke zu unterscheiden. Die meisten untersuchten Halden sind steil und nach Süden ausgerichtet, jedoch gibt es auch flache sowie nach Osten und Westen ausgerichtete Blockhalden.

In den Blockhalden  wurden jeweils 10 Bodenfallen nach einem vergleichbaren Schema aufgestellt, um die vier Zonen Haldenkopf, Haldenmitte, Haldenrand, Haldenfuß zu erfassen. Ziel der Untersuchung war die Vorkommen der Blockhaldenwolfspinne zu erfassen und über die Lage (Höhe, Exposition), Größe, Struktur (Blockgröße, Gestein, Beweglichkeit) und Ausstattung (Moos- und Flechtenbewuchs, Totholz) der Halden die Habitatansprüche der Art zu ermitteln. In weiteren geplanten Untersuchungen werden die Spinnen verschiedener Blockhalden im Nordschwarzwald und möglichst vieler anderer Vorkommen genetisch verglichen. Uns interessiert, ob die Vorkommen (Populationen) Eiszeitrelikte darstellen, wie ausbreitungsfähig die Art ist und ob ein Austausch zwischen den Blockhalden stattfindet.

Ersten Ergebnissen zu Folge gibt es im nördlichen Schwarzwald auf den verschiedenen Blockhalden eine große und stabile Population von Acantholycosa norvegica sudetica. Auf allen 13 untersuchten Blockhalden konnte die Art nachgewiesen werden. Erstmalig wurden so viele Halden hinsichtlich ihrer Struktur im Zusammenhang mit dem Vorkommen der Blockhalden-Stachelwolfspinne analysiert.

Die Arbeit ist inzwischen unter Kastner et al. (2018) publiziert.

Der Bestand der Blockhalden-Stachelwolfspinne im Nordschwarzwald ist neben den Vorkommen am Schneeberg im Fichtelgebirge und im Nationalpark Harz einer der größten in Deutschland.

Es gibt noch weitere für Blockhalden charakteristische Spinnenarten, die wir auch in den von uns untersuchten Halden im Nordschwarzwald nachweisen konnten: Rugathodes bellicosus (Kugelspinnen), Lepthyphantes notabilis (Baldachinspinnen), Clubiona alpicola (Sackspinnen) und Sitticus saxicola (Springspinnen). Außerdem haben wir auch einige Arten erstmals in Baden-Württemberg oder sogar Deutschland gefunden. Über diese Arten werden wir in Kürze berichten.